
Niebel verärgert fdp mit rösler-debatte
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Die Woche klingt für Philipp Rösler mit einem Termin in Berlin aus. Im ZDF-Hauptstadtstudio wird der FDP-Parteichef am Freitagmorgen von Moderator Wulf Schmiese befragt. Dabei dürfte es
nicht nur um das in der Familie verbrachte Weihnachtsfest in Niedersachsen und die Planungen für Neujahr gehen. Besinnlich wird das Jahr für Rösler wohl nicht enden. Schlagzeilen macht er in
diesen Tagen mit einem Positionspapier aus dem Bundeswirtschaftsministerium. In dem fünf Seiten umfassenden Papier mit dem Titel "Wachstum und Stabilität in schwierigem Umfeld
sichern" ging es eigentlich um viele Bereiche der Politik - von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis hin zur Euro-Krise. Nur ein sehr kurzer Teil beschäftigte sich mit möglichen
Privatisierungen auf Bundesebene, Rösler erinnerte an eine Expertenkommission, die dazu eigentlich laut Koalitionsvertrag vorgesehen war. Doch am Ende blieb genau nur dieser Punkt übrig:
Vizekanzler und Wirtschaftsminister Rösler wolle staatliche Beteiligungen abstoßen. Obwohl kein einziges Unternehmen mit Bundesbeteiligung im Papier genannt wurde, war in den Medien schnell
von der Deutschen Bahn und anderen Konzernen die Rede. Kurzum: Das Papier, exklusiv an die "Welt" gespielt, verfehlte sein Ziel. Rösler stand plötzlich als kalter Neoliberaler da.
Hinzu kam: Das FDP-Präsidium war vorab nicht einbezogen worden. Dessen Mitglieder erhielten das Positionspapier aus dem Wirtschaftsministerium erst am Mittwoch, als die Tageszeitung ihre
Vorabmeldung verbreitete und Online-Seiten darüber berichteten. In der FDP-Führung ist daher mancher verstimmt. Das Echo in den Medien war wenig aufbauend. In der "Süddeutschen
Zeitung" fand sich unter einer Rösler-Karikatur, in der er über einem Geschäft mit der Aufschrift "Staatliches Tafelsilber" den Slogan "Winterausverkauf" aufs
Schaufenster klebt, ein geharnischter Kommentar. Titel: "Der Neoliberalismus, die Wasserpest der Politik". PECH MIT DER KOMMUNIKATION Gerade solche negativen Schlagzeilen kann die
FDP derzeit nicht gebrauchen. Röslers Partei, die am 20. Januar in Niedersachsen eine Landtagswahl zu bestehen hat, braucht einen ordentlichen Schub - über die Stammwählerschaft hinaus.
Derzeit liegt sie weiter unter fünf Prozent, im Bund wie in Niedersachsen. Fliegt die FDP aus dem Landtag, dürfte Philipp Röslers Ende als FDP-Chef gekommen sein. Das Bild einer Partei, die
soziale Kälte ausstrahlt, passt dabei eigentlich gar nicht zu Rösler. War es doch gerade er, der einst mit Christian Lindner zu Zeiten von FDP-Chef Guido Westerwelle der Partei ein wärmeres
Image geben wollte. In Bayern ging Landeschefin und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger am Donnerstag den anderen Weg. Zwar sprach sie auf einem Treffen ihres
Kreisverbandes Starnberg auch die klassischen FDP-Themen an - "Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Rechte des Einzelnen", die die Partei von den Konkurrenten unterscheide, die
auf mehr Staat, Bevormundung und Umverteilung setzten. Aber sie nannte gleich danach das Stichwort Bildung. Das sei der "Schlüssel für soziale Gerechtigkeit". Entstaatlichung hier
und soziale Gerechtigkeit dort - wieder einmal bietet die FDP ein diffuses Bild. NIEBEL STÖSST DIE PERSONALDEBATTE AN Eigentlich war es der FDP-Führung weitestgehend gelungen, vor dem
traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart am 6. Januar keine Personaldebatten anzuzetteln. Doch damit ist es vorerst vorbei. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel hat sie angestoßen -
zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen. Niebel, der kürzlich zum FDP-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl in Baden-Württemberg gekürt worden war, legte in einem Interview im
"Focus" nach. Auf die Frage, ob der Parteichef gleichzeitig Spitzenkandidat für die Bundestagswahl sein müsse, sagte er: "Das ist üblich, aber nicht zwingend notwendig."
Er sei in Baden-Württemberg Spitzenkandidat seiner Partei und nicht gleichzeitig Landesvorsitzender. Peer Steinbrück sei im Bund Spitzenkandidat der SPD und nicht deren Bundesvorsitzender.
"Wenn es gute Gründe gibt, kann eine Partei das so entscheiden", so Niebel. Der Mann, der einst als Westerwelles FDP-Generalsekretär fungierte, scheint nach seiner Kür in
Baden-Württemberg nach Höherem zu streben. Doch wie hoch? Auf die Frage, ob er sich den Parteivorsitz im Bund zutraue, sagte er: "Ich strebe es nicht an." Er sei fünf Jahre
Generalsekretär und damit sehr nahe am Parteivorsitzenden dran gewesen. SYMPTOM FÜR DEN LABILEN ZUSTAND DER PARTEI "Ich weiß, was das Amt einem abverlangt und würde es nicht unbedingt
wollen", so Niebel. Allein die Wortwahl - "nicht unbedingt" und "strebe es nicht an" - wurde in der FDP sehr genau registriert. Nach dem Motto: Hier bringt sich
einer von selbst ins Spiel. Der niedersächsische FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner reagierte verärgert: "Diskussionen, die nach außen den Eindruck vermitteln, die Partei würde sich mit
sich selbst beschäftigen, sind nicht dazu geeignet, Wählerinnen und Wähler zu überzeugen." Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn sicherte Rösler seine Unterstützung als Spitzenkandidat zur
Bundestagswahl zu. Und verlangte, kurz nach der Landtagswahl in Niedersachsen die verbindliche Entscheidung darüber zu treffen: "Ich bin für eine Sondersitzung des Bundesvorstandes und
des Präsidiums noch im Januar. Mit den Spekulationen aus der Führung heraus muss endlich Schluss sein." Niebels Interview-Vorstoß ist nur ein Symptom für den labilen Zustand der Partei.
Chancen, selbst Parteichef zu werden, dürfte Niebel nicht haben. Dafür bräuchte er die Unterstützung des Landes- und Fraktionschefs der FDP in Nordrhein-Westfalen, Christian Lindner. Denn
ohne die mächtige FDP in NRW kann auf dem Bundesparteitag im Mai 2013 kein FDP-Chef gekürt werden. Lindner aber gilt als Niebel-Gegner. Zuletzt ließ Lindner, derimmer mal wieder als
möglicher Nachfolger Röslers gehandelt wird und solche Spekulationen mit schöner Regelmäßigkeit zurückweisen lässt, knallhart alle Gerüchte dementieren, es habe zwischen ihm und Niebel ein
"Geheimtreffen" in Düsseldorf gegeben. Davon, hieß es aus seinem Umfeld, wisse man "nichts" und Lindner habe daran "schon gar nicht teilgenommen". Mit Material
von Reuters/dapd