Nach den Rücktritten: Wie geht's weiter bei Thyssenkrupp?

Nach den Rücktritten: Wie geht's weiter bei Thyssenkrupp?


Play all audios:


StartseiteWirtschaftNach den Rücktritten: Wie geht's weiter bei Thyssenkrupp? Stand: 30.08.2024, 17:12 Uhr


KommentareDruckenTeilen


Auch der frühere IG Metall-Chef Detlef Wetzel ist am Donnerstag als Aufsichtsrat bei Thyssenkrupp Steel zurückgetreten. Nach der Sitzung sprach er zu Beschäftigten. © Fabian Strauch/dpa Die


gegenseitigen Schuldzuweisungen gehen auch nach den vielen Rücktritten bei Thyssenkrupp Steel weiter. Wirtschaftsminister Habeck ist beunruhigt und ruft zu einem konstruktiven Miteinander


auf.


Duisburg - Wie geht es weiter bei Thyssenkrupp Steel, Deutschlands größtem Stahlhersteller? Wie viele der 27.000 Arbeitsplätze werden nach der aktuellen Krise noch bestehen? Die Lage scheint


nach den Rücktritten von Vorständen und Aufsichtsratsmitgliedern verfahrener denn je. Wichtige Akteure wurden dennoch im Anschluss an die Rücktritte nicht müde, sich öffentlich die Schuld


an der Misere zuzuschieben. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rief in einem Interview der „Rheinischen Post“ Arbeitgeber- und -nehmerseite zu einem vernünftigen und konstruktiven


Miteinander auf.


Worum geht es? Die defizitäre Stahlsparte soll restrukturiert und verselbstständigt werden, unter anderem durch den Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky, der bereits 20


Prozent hält. Über das Ausmaß der Restrukturierung und die finanzielle Ausstattung durch den Mutterkonzern auf dem Weg in die Selbstständigkeit wurde seit Wochen zwischen der Konzernführung


und dem Stahl-Management heftig gestritten. Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass Stahlchef Bernhard Osburg, die Produktionsvorständin und der Personalvorstand hinwerfen und das


Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen.


Auch vier Steel-Aufsichtsratsmitglieder kündigten die Niederlegung ihrer Mandate an. Darunter ist auch der bisherige Vorsitzende Sigmar Gabriel. In seiner letzten Pressekonferenz als


Chefaufseher der Sparte am Donnerstag warf er Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López eine Diffamierungs-Kampagne gegen den Stahlvorstand vor. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden des


Mutterkonzerns Thyssenkrupp, Siegfried Russwurm, warf er indirekt Tatenlosigkeit vor.


Chefaufseher Russwurm erhebt schwere Vorwürfe Der reagierte prompt. Noch am Abend der Rücktritte übte Russwurm massive Kritik am Management der Stahltochter. Dem Steel-Management sei es


trotz aller anerkennenswerter Anstrengungen seit Jahren nicht gelungen, erfolgreich Antworten auf die strukturellen Herausforderungen des Stahlgeschäfts und seine betriebswirtschaftlichen


Schwierigkeiten zu geben, erklärte Russwurm in einer Mitteilung. Der Manager ist auch Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).


„Die wochenlange, öffentliche Demontage des Stahl-Vorstands durch den CEO der Thyssenkrupp AG, Miguel López, war und ist verantwortungslos“, erklärte dagegen der


Konzernbetriebsratsvorsitzende der Thyssenkrupp AG, Tekin Nasikkol, am Freitag. Niemand im Stahl könne nachvollziehen, warum die Mehrheit des Vorstands ausgetauscht werde. Man verliere


dadurch Expertise, Integrität und ein vertrauensvolles Miteinander.


Betriebsrat: Verunsicherung ist maximal groß Der oberste Arbeitnehmervertreter im Konzern sieht die Zukunft der Stahlsparte in Gefahr. „Die Verunsicherung in der Belegschaft ist maximal


groß. Die Sorge um die eigene Zukunft und die des Unternehmens ist überall spürbar“, so Nasikkol, der auch Gesamtbetriebsratschef des Stahlbereichs ist. Von den 27.000 Beschäftigten arbeiten


allein 13.000 in Duisburg. Der Betriebsrat befürchtet im Zuge der Restrukturierung eine „Halbierung der Hütte“ und den Abbau Tausender Arbeitsplätze.


Meine News„Schub“ für ElektromobilitätE-Autos erhalten unter Merz-Regierung neue Förderung – das sind die DetailsKette auf VerkleinerungskursBaumarkt-Riese schließt reihenweise Filialen:


Räumungsverkauf läuftVor 58 Min.Emotionale WorteWolfgang Grupp äußert sich zu seinem Tod und sucht dabei nach WortenErneuerbare EnergieLeistung statt Fläche: Erstes Bundesland fordert Abkehr


von Habecks Windkraft-Plänen Habeck äußerte sich beunruhigt. „Die Situation bei Thyssenkrupp hat sich auf allen Seiten sehr unversöhnlich zugespitzt. Das ist kein guter Zustand“, sagte er


„Rheinischen Post“ (Samstag). „Alle Beteiligten tragen große Verantwortung für die Mitarbeitenden und die Standorte des Traditionsunternehmens und auch für den Stahlstandort Deutschland


insgesamt.“ Sie müssten deshalb dafür sorgen, dass das Unternehmen jetzt schnell in ruhiges und stabiles Fahrwasser komme. Voraussetzung dafür sei „nicht zuletzt ein vernünftiges und


konstruktives Miteinander von Arbeitgeber- und -nehmerseite.“


Der Streit hatte sich zugespitzt, nachdem der Stahl-Vorstand intern einen Plan für einen Kapazitätsabbau vorgelegt hatte. Auch ein Stellenabbau war darin vorgesehen, ohne dass bislang


Einzelheiten bekannt wurden. Auf betriebsbedingte Kündigungen sollte dabei wie in der Vergangenheit auch verzichtet werden. Vorgesehen ist auch ein Verkauf der Hüttenwerke Krupp Mannesmann


in Duisburg mit gut 3000 Beschäftigten, an dem Steel die Hälfte der Anteile besitzt. Die Pläne waren dem AG-Vorstand jedoch zu teuer. López warf dem Stahlvorstand öffentlich „Schönfärberei“


vor. Der Streit eskalierte wochenlang und gipfelte schließlich in den Rücktritten.


Besorgniserregend sei die Situation vor allem vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen und Projekte, betonte Nasikkol. Der Betriebsrat verwies in diesem Zusammenhang auf den bereits


begonnenen Bau einer Direktreduktionsanlage für eine klimaschonendere Herstellung von Stahl. Die Anlage soll später mit klimaneutral erzeugtem Wasserstoff betrieben werden und einen Hochofen


ersetzen. Bund und Land NRW fördern Bau und Betrieb mit rund zwei Milliarden Euro.


Habeck will Fortsetzung der Stahl-Transformation Habeck forderte, trotz der aktuellen Schwierigkeiten den subventionierten ökologischen Umbau der Stahlsparte fortzuführen. „Bund und Land


haben konkrete Unterstützung zur Sicherung des Stahlstandortes Duisburg und Nordrhein-Westfalen geliefert.“ Die Unternehmensseite müsse aber eben auch ihren Teil beitragen, damit die


Transformation gelinge und eine zukunftsfähige Stahlproduktion am Wirtschaftsstandort Deutschland gesichert werde.


Die Muttergesellschaft erklärte nach den Rücktritten, dass die verbliebenen Vorstandsmitglieder Dennis Grimm (Technik) und Philipp Conze (Finanzen) die Geschäfte des Stahlsegments


weiterführen würden. „Die Nachbesetzung der vakanten Positionen wird in einem strukturierten Prozess zeitnah erfolgen“, hieß es. Die vakanten Ressorts werden in der Zwischenzeit aufgeteilt.


Grimm übernehme die Funktion des Vorstandssprechers. Über die Nachbesetzung der vakanten Aufsichtsratssitze sowie über die Nachfolge von Sigmar Gabriel als Vorsitzendem des Aufsichtsrats


solle kurzfristig entschieden werden. dpa


Auch interessantKommentareTeilen