
Lehrerverbandschef kraus exklusiv im interview: arbeitslose deutschlehrer in flüchtlingsklassen einsetzen! - news4teachers
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DÜSSELDORF. FÜR SCHÄTZUNGSWEISE 150 000 FLÜCHTLINGSKINDER SIND UMGERECHNET RUND 20 000 NEUE LEHREREINSTELLUNGEN BUNDESWEIT ERFORDERLICH. PERSONELL KÖNNE MAN DAS SCHULTERN, MEINT
LEHRERVERBANDSCHEF KRAUS IM INTERVIEW MIT NEWS4TEACHERS.DE. NEWS4TEACHERS: DIE RIESIGE ANZAHL AN FLÜCHTLINGEN BESCHÄFTIGT AUCH DIE SCHULEN. KOMMEN SIE KLAR DAMIT? Kraus: Nein. Unsere Schulen
können trotz aller Anstrengungen und trotz allen Engagements gar nicht klar kommen damit. Denn diese Entwicklung hat mittlerweile eine Dimension angenommen, die die Schulen überfordert.
Verlässliche Zahlen gibt es kaum, aber man muss davon ausgehen, dass allein in diesem Jahr mehr als 150.000 schulpflichtige Kinder von Flüchtlingen in Deutschland angekommen sind.
Überschlagsweise mitgerechnet habe ich dabei auch die so genannten alleinreisenden Flüchtlinge, bei denen oft nicht klar ist, ob sie vom Alter her noch schulpflichtig sind. NEWS4TEACHERS:
SIND DIESE JUNGEN LEUTE DENN SCHULPFLICHTIG? Kraus. Natürlich, für sie gilt deutsches Recht. Allerdings haben die deutschen Länder die Schulpflicht für diese Kinder entweder für die ersten
drei oder die ersten sechs Monate des Aufenthalts in Deutschland ausgesetzt. Das ist sinnvoll. Denn solange die Flüchtlinge bzw. deren Familien keine Residenzpflicht haben und von Bundesland
zu Bundesland hin- und hergeschoben werden, würden sie auch von einer Schule in die nächste geschoben. NEWS4TEACHERS: 150.000? KANN MAN SO VIELE JUNGE LEUTE INS REGELSCHULSYSTEM INTEGRIEREN
BZW. INKLUDIEREN, WIE MANCHE FORDERN. Kraus: Das kann man natürlich nicht sofort. Schon allein wegen der Größenordnung. Diese 150.000 jungen Menschen kann man nicht einfach in Regelklassen
stecken. Das bringt weder der Klasse noch den Flüchtlingen etwas. Für mindestens ein Jahr müssen diese 150.000 Kinder und Jugendlichen in eigenen Klassen auf einen regulären Schulbesuch
vorbereitet werden. Da kann man nicht in 30köpfigen Gruppen tun. Wegen der kulturellen und sprachlichen Heterogenität der Betreffenden kann wohl keine der Vorbereitungsklassen größer als 12
Schüler sein. NEWS4TEACHERS: WAS HEISST DAS UMGERECHNET IN LEHRER- UND BETREUUNGSPERSONAL? Kraus: Das wären umgerechnet über 12.000 zusätzliche Klassen bzw. Gruppen in allgemeinbildenden und
natürlich auch in berufsbildenden Schulen. Dafür wiederum sind, wenn es denn Vollunterricht sein soll, mindestens 20.000 zusätzliche Lehrer nötig. Nicht mitgerechnet sind Tausende von
Sozialpädagogen und Dolmetschern, die man braucht – dazu Therapeuten, schließlich sind viele dieser jungen Leute traumatisiert. NEWS4TEACHERS: MÜSSEN ODER KÖNNEN DIE SECHZEHN DEUTSCHEN
LÄNDER DAFÜR NEUE LEHRERSTELLEN SCHAFFEN? Kraus: Sie müssten es eigentlich. Aber mir ist klar, dass die Länderhaushalte dafür nicht ad hoc mehr Planstellen hergeben. Über Nachtragshaushalte
müsste es aber möglich sein, Vertragsmittel wenigstens für eine befristete Einstellung von Lehrkräften zur Verfügung zu stellen. NEWS4TEACHERS: KÖNNEN SIE DAS FINANZIELL UND PERSONELL
PRÄZISIEREN? Kraus: Nun, 20.000 Lehrer kosten pro Jahr mehr als eine Milliarde Euro. Personell kann man das schultern. Wir haben in Deutschland nämlich Tausende von arbeitslosen Lehrer
gerade des Faches Deutsch. Die jungen Lehrer sollte man für eine dreimonatige Weiterbildung für die Unterrichtung von Deutsch als Fremdsprache gewinnen; dann sollte man ihnen Jahresverträge
anbieten und ihnen bei einer zukünftigen Bewerbung um eine Planstelle einen Einstellungsbonus gewähren. NEWS4TEACHERS: WARUM VOR ALLEM FÜR DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE? Kraus: Weil das
Beherrschen der deutschen Sprache das A und O für die spätere Integration in eine Regelklasse ist. NEWS4TEACHERS: SIE SIND BILDUNGSPOLITISCH EIN ALTER HASE, WAS MEINEN SIE: IST DIE POLITIK
DAZU BEREIT? Kraus: Die Politik muss endlich handeln, es bleibt ihr gar nichts anderes über. Sie muss raus aus ihrem Elfenbeinturm und die Probleme offen in den Blick nehmen. Darum hat sie
sich bislang herumgedrückt. Mit ein paar plakativen Projekten wie einigen sogenannten „Willkommensklassen“ ist es nicht getan. Die Fragen stellte bibo