
Frischer fisch: bier gegen die blutsauger
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------------------------- * * X.com * Facebook * E-Mail * * * X.com * Facebook * E-Mail * Messenger * WhatsApp * Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig? Auf
Kinder wirken die Freuden und Leiden der Welt ja noch viel größer, als sie in Wirklichkeit sind. Wenn der geliebte Fußballclub verliert, rauscht die Laune in den Keller, jedes noch so kleine
Weihnachtsgeschenk ist das tollste auf Erden, natürlich für alle Zeiten. Bei mir nahm damals vor allem die Wirkung von Mückenstichen überdimensionale Ausmaße an. Piekste mich einer dieser
Plagegeister in den Bizeps, schwoll mein Oberarm so dick an, als wäre ich Popeye und hätte gerade drei Dosen Spinat gegessen. Und als eines dieser Biester mein Augenlid erwischte, sah es am
anderen Morgen so aus, als hätte es einer der Klitschkos mit seinem Jab malträtiert. Zwölf volle Runden lang. Ohne Deckung. Mittlerweile hat sich meine Reaktion auf die Stiche auf Normalmaß
eingependelt, doch immer noch kosten mich Mücken jeden Sommer viel Schlaf und noch mehr Nerven. Als ob das fiese Summen im Schlafzimmer nicht genug wäre, ist eine meiner
Lieblingsbeschäftigungen in der warmen Jahreszeit das Nacht-Angeln. Die Spiegelungen der tanzenden Leuchtposen auf dem Wasser zaubern eine Stimmung, der man sich nicht entziehen kann. Zudem
machen sich in der Dunkelheit auch Spaziergänger, Tretbootfahrer und andere Gestalten rar, die einem tagsüber das Angeln vermiesen. Die Fische dagegen lieben die Dämmerung und die Stunden
danach. Die Mücken leider auch. Nacht-Angeln im Sommer an einem stillen Gewässer kommt ungefähr dem Versuch einer Antilope gleich, mal ein paar Stunden inmitten eines Rudels hungriger Löwen
zu verbringen und ohne einen Kratzer davonzukommen. Eine ziemlich waghalsige Angelegenheit. Denn eins ist sicher: Die Mücken kommen. Nicht eine. Nicht mehrere. Horden. Und sie sind alle
hungrig. Und wollen nur unser Blut. Da ist es auch kein Trost, dass nur die Mücken-Weibchen hinter uns her sind. Gespräche unter Nacht-Anglern im Juli drehen sich selten um gefangene Fische.
Sondern um die Frage: Wie hast du die Mücken überlebt? Ich würde jetzt als naturverbundener Mensch gerne eine Eloge auf traditionelle und einfache Mittel halten. Auf irgendwelche
Räucherstäbchen, Fackeln oder Kerzen, die laut Etikett "garantiert" die Mücken vertreiben. Nur hat denen das leider wohl keiner erzählt. Auch diese Ultraschall-Pieper habe ich
ausprobiert. Ergebnis: Keine Mücke und kein Stich weniger, dafür hat der Hund meines Nachbarn noch drei Tage später vor Schmerzen gejault. Und einige der empfohlenen Öle machen die Haut zwar
geschmeidig, allerdings ist deshalb noch keine Mücke beim Stechen ausgerutscht. Nein, wer sich wirklich schützen will, muss zur Chemie greifen und sich ordentlich damit einschmieren. Die
Mittelchen gibt es ja in jeder Drogerie, und meistens sind auch noch ein paar pflegende Substanzen in der Mischung. So soll übertüncht werden, dass der eigentliche Wirkstoff ein Teufelszeug
ist, das innerhalb von Sekunden einen Regenmantel in einen kleinen, stinkenden Plastikklumpen verwandeln könnte. Aber egal, solange der Körper stichfrei bleibt, soll einem die
Kunststofffeindlichkeit der Substanz egal sein. Das Dumme daran: Das Zeug stinkt, nicht für uns Menschen, aber für Fische, und so lässt sich nach einem ausgiebigen Anti-Mückenmittel-Bad kaum
noch einer an den Haken locken. Aber da gilt das Motto: Wenn schon kein Biss, dann auch kein Stich. Allerdings sollte der Glaube an die handelsübliche Chemiekeule Grenzen haben. Denn für
Angler gilt der alte Spruch: Andere Länder, andere Sitten, andere Mücken. Wenn man in einigen Teilen Skandinaviens mit der hierzulande gängigen Lotion ankommt, lachen sich die Mücken erst
kaputt, bevor sie stechen. Ganz zu schweigen von den anderen Insekten, die dort heimisch sind und auch stechen, beißen und saugen. Dort muss dann härteres Zeug aufgefahren werden. In
Schweden hatte ich mich deswegen mal komplett und dick mit einem "in den Tropen erprobten" Mittel eingeschmiert. Ergebnis: Ich fing trotzdem Fische, hatte keinen Stich, litt dafür
aber später im Zelt Höllenqualen. Meine Haut fühlte sich an, als habe jemand auf ihr ein Feuer gelegt. So geht die Suche weiter nach einem Mittel, das nicht aus der Chemieküche kommt und
doch die Mücken abschreckt. Im Forum des "Blinker", dem monatlichen Zentralorgan der Anglerschaft, wird auch eifrig über Abwehrmaßnahmen diskutiert. Die Meinungen gehen weit
auseinander. Der eine isst Knoblauch, der andere wäscht sich ausgiebig vor jedem Angeln, der nächste schluckt massenhaft Tabletten mit Vitamin B6. User "Udolf" hat sogar einen ganz
heißen Tipp und empfiehlt Bier als Anti-Mücken-Mittel. "Ich werde komischerweise fast nie gestochen", schreibt er. Ein Vorschlag, der von der Forumsgemeinde zunächst begierig
aufgenommen wurde. Die mögliche - und einleuchtende - Erklärung für die Wirkung lieferte dann ein anderer User: "Bei der richtigen Menge Bier merkt man die Mückenstiche halt nicht
mehr."