
Wie sich Beteigeuze verdunkelte - DER SPIEGEL
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Den Folgen einer solchen Explosion eines Sterns beizuwohnen, wäre eine Sensation. Denn als Galileo Galilei 1609 sein für die Himmelskunde entwickeltes Fernrohr vorstellte, war die letzte
Chance, den Sternentod in unserer Milchstraße zu dokumentieren, bereits dahin. Schon 1604 hatte Johannes Kepler die letzte Supernova in unserer Galaxie beschrieben. Seitdem mussten
Astronomen auf andere Milchstraßen blicken.
Doch die Hoffnung, selbst ohne Fernrohr so ein kurzzeitig helles Aufleuchten am Himmel zu sehen, erfüllte sich vorläufig nicht. Die Erklärung: Die verringerte Strahlkraft, die dem Phänomen
üblicherweise vorausgeht, war bei Beteigeuze auf andere Ursachen zurückzuführen.
Verdunklung von Beteigeuze: Das Bild ganz links, aufgenommen im Januar 2019, zeigt den Stern mit seiner normalen Helligkeit, während die übrigen Bilder von Dezember 2019, Januar 2020 und
März 2020 alle aufgenommen wurden, als seine Helligkeit abgenommen hatte, besonders in seiner südlichen Region.
Die Beobachtungen zeigen, was genau passierte, als dieser Fleck auftauchte: Um bis zu 500 Grad nahm die Temperatur der Sternoberfläche, die normalerweise bei etwa 4000 Grad Celsius liegt,
ab. Dabei nahm der dunkle Fleck bis zu vier Fünftel des im Fernrohr sichtbaren Sternscheibchens ein. »Zum ersten Mal sehen wir, wie sich das Erscheinungsbild eines Sterns über einen Zeitraum
von Wochen veränderte«, sagt Montargés.
Das Forscherteam vermutet, dass der kühle, dunkle Fleck lediglich die Begleiterscheinung eines großen Materieauswurfs des Sterns war. Und durch die Abkühlung der Oberfläche konnte dann ein
Teil der ausgestoßenen Materie zu Staub kondensieren. Es sei also die Kombination aus einem großen kühlen Fleck auf der Sternoberfläche und einem daraus resultierenden Staubschleier, die für
die große Verdunkelung von Beteigeuze verantwortlich war, so Montargés und seine Kollegen.
Zu ähnlichen Erkenntnissen waren bereits Forscher vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam aufgrund der Auswertung von Daten des Hubble-Weltraumteleskops gekommen. Die aktuelle Studie
gibt Hinweise darauf, dass die Wissenschaftler richtig lagen.
Im April 2020 leuchtete Beteigeuze wieder in gewohnter Helligkeit. Aber Entwarnung gibt Montargés mit Blick auf eine bevorstehende Explosion des Sterns nicht. Dafür sei über diese letzte
Phase der Sternentwicklung zu wenig bekannt: »Obwohl das gegenwärtige Verhalten von Beteigeuze also kein Vorbote seines Untergangs ist, bleibt es möglich, dass der Stern ohne Vorwarnung
explodiert.«
Beteigeuze ist ein roter Riesenstern und 724 Lichtjahre von uns entfernt. Mit guten Fernrohren können Astronomen sogar Einzelheiten auf der Oberfläche erkennen. Wie alle Sterne sowie unsere
Sonne bezieht er seine Energie über Millionen Jahre aus der Verschmelzung von Atomkernen.
Aber wenn der Brennstoff der gigantischen Fusionsmaschine alle ist und sein Lebensende naht, bläht sich der massereiche Stern auf. Beteigeuze ist etwa 900-mal größer als unsere Sonne. In
dieser Phase geben Sterne viel Gas an ihre Umgebung ab und explodieren schließlich als Supernova – wobei ein Neutronenstern oder ein schwarzes Loch zurückbleibt.
Verdunklung von Beteigeuze: Das Bild ganz links, aufgenommen im Januar 2019, zeigt den Stern mit seiner normalen Helligkeit, während die übrigen Bilder von Dezember 2019, Januar 2020 und
März 2020 alle aufgenommen wurden, als seine Helligkeit abgenommen hatte, besonders in seiner südlichen Region.