Klimafotos von thorsten klapsch: schönheit und schrecken – vom harz bis chile

Klimafotos von thorsten klapsch: schönheit und schrecken – vom harz bis chile


Play all audios:


Der Fotograf Thorsten Klapsch dokumentiert seit 2013 in seinem Langzeitprojekt „KlimaZeugen“ den Klimawandel. Nun zeigt eine Ausstellung erstmals eine Auswahl aus Tausenden von Bildern. Eine


Welt in Weiß. Schnee, Eis, karge Felsen. Im Vordergrund eine Parade klitzekleiner Menschen. Sie stapfen auf einem engen Pfad, hintereinander aufgereiht wie Pilger. Bekleidet sind viele mit


T-Shirts und kurzen Hosen, als gingen sie zum Strand. Dabei befindet sich der Rhonegletscher im Schweizer Kanton Wallis rund 3000 Meter über dem Meeresspiegel. Am Ende der Prozession öffnet


sich ein schwarzes Loch: der Eingang zur Eisgrotte. Ein Anziehungspunkt für Touristen ist sie seit dem 19. Jahrhundert. Jedes Jahr wird die Grotte neu aus dem Eis geschlagen. Wohl nicht mehr


allzu lang. Wissenschaftler schätzen, dass der Gletscher am Ende des 21. Jahrhunderts geschmolzen sein wird. Das Foto stammt von Thorsten Klapsch und hängt mit 24 weiteren Aufnahmen von ihm


in der Ausstellung „KlimaZeugen“ im HAUS#1. Es handelt sich um ein ehemaliges Klo- und Kioskhäuschen, das seit 2005 der Kunst gewidmet ist. Direkt am Kreuzberger U-Bahnhof Hallesches Tor


liegt es idyllisch gleich neben dem Landwehrkanal. ERHABENHEIT DER BERGLANDSCHAFT „Meine Idee war, schöne Bilder zu machen, obwohl jedes einzelne von ihnen eine Katastrophe zeigt“, sagt


Klapsch. Schönheit und Schrecken, ein alter Topos der Bergfotografie. Das Langzeitprojekt KlimaZeugen hat der Fotograf 2013 begonnen. Inzwischen hat er dafür mehrere tausend Aufnahmen


gesammelt. Nun zeigt er eine erste Auswahl. Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie


mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden. Externen Inhalt anzeigen Ich bin damit


einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den


Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können. Den Rhonegletscher kennt


Thorsten Klapsch, Jahrgang 1966, seitdem er als Jugendlicher in den frühen Achtzigerjahren im Familienauto auf dem Urlaubsweg gen Süden an ihm vorbeigefahren ist. Sein Foto lässt die stille


Erhabenheit der Schweizer Berglandschaft ahnen. Man muss schon genau hinschauen, um zu erkennen, dass nicht nur Schneemassen auf dem Gletscher liegen, sondern auch weiße Tücher, die ihn vor


der Sonneneinstrahlung schützen sollen. Die Besucher werden mit Bussen hochgebracht. Womit sie dazu beitragen, dass die Attraktion irgendwann verschwunden sein wird. Aber tun wir das als


Konsumenten und Klimaaufheizer nicht alle? WIE GLETSCHER STERBEN „Im Lauf der Arbeit habe ich festgestellt, das Thema ist viel umfangreicher, als ich anfangs dachte“, erzählt Klapsch. „Der


Klimawandel ist überall.“ Neben dem Rhonegletscher hat er vier weitere Gletscher immer wieder fotografiert: das Mer-de Glace in Frankreich, die Pasterze und den Kaunertaler Gletscher in


Österreich sowie den Schneeferner in Deutschland. Allerdings ist der Schneeferner inzwischen zurückgestuft worden zur Eisscholle, weil seine Eisfläche nun weniger groß ist als ein


Fußballfeld (10.000 Quadratmeter). Bald wird er ganz verschwunden sein. Dann wird es an Deutschland höchstem Berg, der Zugspitze, keinen Gletscher mehr geben. Ein Blatt, gefüllt mit


vertikalen und horizontalen Strichen. Die Striche sind weiß, der Untergrund schimmert grün-gräulich. Erst in der Nahsicht offenbart sich, was zu sehen ist: tote Bäume. Sie tragen kein Laub,


viele sind umgestürzt wie Mikado-Stäbchen.  Thorsten Klatsch hat das Bild 2022 gemacht, mit großer Kamera-Brennweite. Um den abgestorbenen Wald als grafisches Nahezu-Muster zu präsentieren,


fotografierte er von einem Berg auf den gegenüberliegenden Hang. Der Befund wirkt bedrohlich: Trockenheit und Borkenkäfer haben die Idylle in einen Geisterwald verwandelt. Ist der Harz noch


zu retten? Auf Klapschs Fotos sind die Folgen der Klimaerhitzung deutlich zu erkennen. Aber sie demonstrieren neben Niedergang auch Majestät und Herrlichkeit. Ihre Abstraktion erinnert an


den Avantgarde-Fotografen Kilian Breier, der in den Fünfzigerjahren das Ornamentale in Holzstapeln entdeckte. Klapsch ist ein Dokumentarist mit langem Atem. In Hessen aufgewachsen,


absolvierte er im Berliner Lette-Verein ein Studium der Fotografie. 2012 erschien sein Bildband „Atomkraft“, für den er alle deutschen Atomkraftwerke von außen und innen aufnahm. 2014 folgte


das Buch „Berlin Berlin“, das die architektonische Nachkriegs-Moderne der Metropole janusköpfig wiedergibt, in einer realsozialistischen und einer kapitalistischen Spielart. Seine


Ausstellung, kuratiert von Ingo Taubhorn, ist irritierend aufgebaut. Die Fotografien sind in Dreiergruppen inszeniert, als Triptychen. Neben einem Blick ins Schneetreiben am Harz oder den


Funkenflug von brennenden Wäldern in Brandenburg hängt auch das Foto eines vertrockneten Blumenstraußes, aufgenommen in Klapschs Atelier. Ein Memento mori? Der Faltenwurf der


Lichtschutzplanen auf dem Rhonegletscher ähnelt Caspar David Friedrichs Gemälde „Das Eismeer“, entstanden 1823/24. Der Romantiker hat das Mer-de Glace, Frankreichs größten Gletscher, nie mit


eigenen Augen gesehen. Aber 1824 variierte er auf seinem Bild „Das Großgebirge“ ein Gemälde von Carl Gustav Carus, der dort gewesen war. Es zeigt ein kahles Tal ohne Eis. Eine


Zukunftsvision.