Weg von der zigarette – aber richtig: wie gelingt der verzicht aufs rauchen und was bringt er wirklich?

Weg von der zigarette – aber richtig: wie gelingt der verzicht aufs rauchen und was bringt er wirklich?


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Die letzte Zigarette ist vielleicht die schwierigste. Doch ein erfolgreicher Rauchstopp ist möglich und kann sich lohnen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Entzug. Nikotinpflaster,


ein starker Wille, das soziale Umfeld – was hilft entscheidend dabei, mit dem Rauchen aufzuhören? Fachleuten zufolge sind oft mehrere Versuche nötig – und Unterstützung aus dem Umfeld.


Statistisch gesehen sei eine Kombination aus Nikotinersatztherapie und Unterstützung – in speziellen Gruppen oder auf andere Weise – das erfolgversprechendste, sagt Marina Hinßen von der


Berliner Charité.  Das Frankfurter Institut für Suchtforschung hatte 2022 knapp 6.200 Raucher und Ex-Raucher befragt. Auf die Frage, was ihnen beim Abgewöhnen half, nannten über 2.000


Teilnehmer ihre Willenskraft. Auf Platz zwei lag die Unterstützung des sozialen Umfelds. Eine Nikotinersatztherapie war nur für gut 1.000 Befragte der Gamechanger.  Der Umfrage zufolge


benötigten diejenigen, die mit dem Rauchen aufgehört hatten, im Mittel etwa vier ernsthafte Rauchstopp-Versuche. Der Wendepunkt war demnach oft eine Krankheit oder bei Frauen eine


Schwangerschaft. Manche hörten auch für die Kinder, Enkelkinder oder Partner auf. Eine häufig genannte Motivation war „schlechter Geruch“.  > Wenn ich wirklich mental frei und unabhängig 


sein will, dann > funktioniert das natürlich darüber, dass ich das Ganze positiv > ersetze und dass ich wirklich meine Strukturen und Gewohnheiten > verändere.  Marina Hinßen,


Leiterin Rauchprävention an der Charité.  Wer es schafft, die Finger von der Zigarette zu lassen, verringert generell das Risiko für verschiedenste Erkrankungen. Das ist bekannt. So ist


Rauchen für etwa ein Fünftel aller Krebserkrankungen direkt verantwortlich, aber auch Herzkrankheiten, Bluthochdruck, Schlaganfälle oder chronische Bronchitis lassen sich häufig auf das


Rauchen zurückführen. Raucher haben beispielsweise ein um 65 Prozent höheres Risiko für einen Herzinfarkt als Nichtraucher. Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie


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Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können. Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 127.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums, wovon rund ein Drittel auf das Konto von


Herz-Kreislauf-Erkrankungen geht. Zudem erkranken jährlich 85.000 Menschen als Folge des Rauchens an Krebs. Wer raucht oder rauchte, zeigt zudem ein viel höheres Risiko, eine chronisch


obstruktive Lungenkrankheit (COPD) oder eine rheumatoide Arthritis – eine Gelenkentzündung – zu entwickeln. Rauchen schädigt auch Augen, Zähne, den Verdauungstrakt und wirkt sich auf die


Fruchtbarkeit aus. 1 WAS BRINGT DER VERZICHT KONKRET? Schon drei Tage nach der letzten Zigarette verbessert sich nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) die Funktion der


Atemwege. Nach einer Woche sinkt der Blutdruck und damit das Herzinfarktrisiko. Nach einem bis neun Monaten gehen Hustenanfälle, Verstopfungen der Nasennebenhöhlen und Kurzatmigkeit zurück.


Die Lunge wird allmählich gereinigt, indem Schleim abgebaut wird. Die Infektionsgefahr verringert sich. Zwei Jahre nach einem Rauchstopp hat ein früherer Raucher fast das gleiche Risiko für


Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie ein Nichtraucher. Wer fünf Jahre rauchfrei ist, liegt beim Herzinfarktrisiko gleichauf mit Nichtrauchern. Nach fünf Jahren sinkt auch das Risiko für


Krebserkrankungen in Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre und Harnblase auf die Hälfte. Auch das Schlaganfallrisiko kann bereits nach zwei bis fünf Jahren auf das eines Nichtrauchers sinken. 2 WAS


HILFT BEIM DURCHHALTEN? Der erste Schritt sei ein Rauchstopp-Datum, sagt Gertraud Stadler von de Charité. Bedingungen wie ein anstehender Urlaub mit Ortswechsel seien hilfreich. „Alles was


hilft, Gewohnheiten zu brechen.“ Die ersten Tage könnten von starken Entzugserscheinungen geprägt sein. Soziale Unterstützung, Ermutigung, Lob seien wichtig in dieser Zeit, erklärt Stadler.


Auch für den Partner sei das keine einfache Zeit, die rauchende Person sei sehr irritierbar und zeige auch körperliche Symptome wie Schwitzen. Ablenkung und Spaziergänge seien hilfreich.


Nikotinpflaster und -kaugummis können helfen, die Gewohnheit vom Verhalten zu entkoppeln und das Nikotin auszuschleichen, wie Stadler sagt.  Viele Teilnehmer der Frankfurter Studie fanden


Ersatzhandlungen hilfreich: Neben Essen und Sport wurden zum Beispiel „fünf Liegestütze, wenn ich das Verlangen habe, zu rauchen“ und „am Aschenbecher riechen“ genannt.  3 WAS IST MIT DEM


GEFÜRCHTETEN LUNGENKREBS? Bis zu 85 Prozent der Lungenkrebstodesfälle lassen sich auf Tabakkonsum zurückführen – bei keiner anderen Krebsart kann ein Rauchstopp so viele Sterbefälle


vermeiden. Zehn Jahre nach dem Aufhören hat ein ehemaliger Raucher ein nur noch halb so hohes Risiko für Lungenkrebs, als wenn er dauerhaft weitergepafft hätte. Die Krebsstatistik zeigt ein


unterschiedliches Bild: Während die Zahl der Lungenkrebsfälle bei Männern seit einigen Jahren leicht sinkt, nimmt sie bei Frauen zu. Experten führen das auf ein verändertes Rauchverhalten


zurück. So rauchten in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Frauen, während die Zahl der männlichen Raucher sank. 3 WIE WIRKT SICH DER RAUCHSTOPP AUF DIE LEBENSZEIT AUS? Nach


DKFZ-Berechnungen verkürzt starkes Rauchen das Leben im Schnitt um zehn Jahre. Die deutschen Versicherer kommen auf sechs bis sieben Jahre weniger Lebenszeit. Der schlimmste Fall ist ein


fettleibiger starker Raucher, der viel Alkohol trinkt und viel rotes Fleisch isst – er büßt gegenüber besonders gesund lebenden männlichen Altersgenossen rund 17 Jahre an Lebenserwartung


ein. Bei einer Frau liegt der Unterschied bei fast 14 Jahren Lebenszeit. 4 DROHT EINE GEWICHTSZUNAHME? Untersuchungen zufolge legen ehemaligen Raucher in den ersten Wochen nach dem Aufhören


im Schnitt zwei bis vier Kilogramm zu. Als Ursache gelten ein gedrosselter Stoffwechsel sowie eine vermehrte Kalorienaufnahme nach dem Rauchstopp. EURO spart man, wenn man zehn Jahre nicht


geraucht hat. Nikotin beschleunigt die Stoffwechselvorgänge und „verbrennt“ etwa 200 Kalorien zusätzlich am Tag. Zudem wirkt Nikotin appetithemmend. Nach dem Rauchstopp verbrennt der Körper


weniger Energie, gleichzeitig greifen viele statt zur Zigarette verstärkt zu Süßem und Snacks. Möglicherweise erhöht auch eine bestimmte genetische Veranlagung das Risiko für eine


Gewichtszunahme. 5 WAS ERSCHWERT DAS ABGEWÖHNEN?  Gemeinsames Rauchen ist schwer zu ersetzen. Häufig wurden von Studienteilnehmern Rituale genannt, die mit dem Griff zur Zigarette verbunden


sind: Rauchpausen am Arbeitsplatz oder das Treffen mit anderen Rauchern in der Kneipe zum Beispiel.  In der Frankfurter Analyse heißt es, „dass verhaltensbezogene Aspekte, insbesondere


langjährig eingeübte Gewohnheiten und Situationen mit Triggerfunktion, eine deutlich höhere Bedeutung für die Aufrechterhaltung von Rauchgewohnheiten haben als manifeste


Abhängigkeitssymptome“. 6 BLEIBT ES NICHT MEIST NUR BEI DEM VERSUCH? Nein. Fast jeder schaffe es irgendwann, mit dem Rauchen aufzuhören. Hinßen sagt: „Wenn ich wirklich mental frei und


unabhängig sein will, dann funktioniert das natürlich darüber, dass ich das Ganze positiv ersetze und dass ich wirklich meine Strukturen und Gewohnheiten verändere.“ Verhaltensbezogene


Ansätze seien wichtiger als der Fokus auf die Nikotinabhängigkeit.  Dabei spielen auch offizielle Regelungen eine Rolle. In Australien zum Beispiel darf an vielen öffentlichen Orten nicht


geraucht und es muss Abstand zu Eingängen gehalten werden. „Diese sozialen Maßnahmen sind eigentlich am wirksamsten“, sagt Stadler. Für Raucher sei es dann leichter, im öffentlichen Raum


weniger zu rauchen und rauchfrei zu werden. 7 WIE VIEL SPART MAN MIT DEM RAUCHSTOPP? Das Einsparpotenzial ist nicht zu unterschätzen. Beim Konsum einer Schachtel Zigaretten täglich summieren


sich die Gesamtkosten im Laufe von zehn Jahren auf mehr als 35.700 Euro und nach 30 Jahren auf gut 165.000 Euro, wie eine Modellrechnung des Vergleichsportals Verivox zeigt. Würden Raucher


dieses Geld beispielsweise in einen ETF-Sparplan statt in Zigaretten investieren, könnten sie in 30 Jahren mehr als 400.000 Euro ansparen. 8 SIND E-ZIGARETTEN EINE ALTERNATIVE? Experten


sagen ganz klar nein. Dem DKFZ zufolge sind E-Inhalate im Vergleich zum Tabakrauchen zwar wahrscheinlich etwas weniger schädlich, weil die Liquids nicht verbrannt, sondern erhitzt werden.


Eine Gefahr für die Gesundheit sind sie trotzdem. Nach Angaben der Bundesärztekammer kann das in den meisten dieser Produkte enthaltene Nikotin die Hirnentwicklung negativ beeinflussen und


abhängig machen. Zudem enthalten die auch bei Kindern und Jugendlichen beliebten E-Zigaretten demnach krebserregende Substanzen und können die Atemorgane und das Herzkreislaufsystem


angreifen. Das Risiko, später auf Tabakzigaretten umzusteigen, ist bei jungen E-Zigarettenkonsumenten dreimal höher als bei ihren abstinenten Altersgenossen. _dpa/AFP)_