Ungehörte geschichten im hau1: „ich kann nicht kämpfen, aber ich kann theater machen“

Ungehörte geschichten im hau1: „ich kann nicht kämpfen, aber ich kann theater machen“


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Der libanesische Choreograf Ali Chahrour erzählt in „When I Saw The Sea“ vom Schicksal dreier Arbeitsmigrantinnen. Von Sandra Luzina Als das israelische Militär im September 2024 Teile von


Beirut bombardierte, suchte Ali Chahrour gemeinsam mit Familienmitgliedern aus dem Süden Zuflucht an der Küste. Dort erfuhr der Choreograf auch vom Schicksal migrantischer Hausangestellter.


Libanesische Arbeitgeber hatten die Frauen sich selbst überlassen, als sie sich in Sicherheit brachten. Einige wurden in den Häusern eingeschlossen, andere strandeten ohne Pass und Geld an


der Corniche von Beirut, wo Chahour auf sie aufmerksam wurde. „Ich war so bewegt von dem Moment, als ich diese Frau sah. Sie lachte und sagte: ,Das ist das erste Mal, dass ich das Meer im


Libanon sehe.’“ Der Kontrast zwischen extremer Angst und extremer Freude sei der Ausgangspunkt des Projekts „When I Saw The Sea“ gewesen, erzählt er. Empfohlener redaktioneller Inhalt An


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Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können. Das Stück ist eine Auseinandersetzung mit dem Kafala-System, das in der arabischen Welt praktiziert wird. Ausländische


Arbeitskräfte sind an einen Bürgen gebunden, in der Regel ist dies der Arbeitgeber. Das Kafala-System, das Abhängigkeitsverhältnisse schafft, grenzt für Chahrour an moderne Sklaverei. „Wir


hören schreckliche Geschichten von Wanderarbeitern, die unter diesem legalen System arbeiten. Es gibt viele Fälle von Selbstmord, Vergewaltigung und Gewalt aller Art. Im Grunde ist es ein


Rechtssystem, das den Menschen, die ihr Land verlassen haben, um zu überleben und eine bessere Zukunft zu haben, jegliche Menschlichkeit nimmt.“ Ali Chahrour hat recherchiert, mit Anwälten


und NGOs gesprochen und Kontakt mit betroffenen Frauen aufgenommen. Noch während der israelischen Offensive begann er mit der Arbeit an dem Stück. „Ich kann nicht kämpfen, aber ich kann


Theater machen. Das ist mein Werkzeug zum Widerstand.“ Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den


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Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können. Auf der Bühne stehen nun Zena


und Tenei, die aus Äthiopien stammen, sowie die Libanesin Rania. Ihre bislang ungehörten Geschichten bringen sie durch Tanz, Text und Musik zum Ausdruck. Sie geben auch zahllosen anderen


Arbeitskräften aus Ländern wie Kamerun, Sudan oder Sierra Leone eine Stimme, die ihrer Rechte beraubt wurden. Die drei Performerinnen, die mittlerweile Aktivistinnen sind, haben sich aus der


Opferrolle befreit: „In dieser Performance fordern die drei Frauen ihre Rechte zurück. Sie fordern ihre Namen zurück, sie fordern ihre Körper zurück, sie fordern ihre Geschichten zurück“,


sagt Chahrour. Die drei stehen zum ersten Mal auf der Bühne. Bei den Proben ging es Chahrour zunächst darum, Vertrauen aufzubauen. Er schöpft aus den Bewegungsqualitäten der Frauen, ohne


ihren Körpern etwas aufzuzwingen. Das zeichnet seine Arbeitsweise generell aus. „Ich möchte, dass die Darsteller ihre eigene Bewegungsqualität entwickeln und sich damit wohlfühlen. Solange


das gelingt, ist Choreografieren leicht.“ Die Zusammenarbeit mit Rania, Zena und Tenei war für ihn nicht nur in künstlerischer Hinsicht erfüllend: „Ich habe jetzt eine neue Familie.“ Stolz


berichtet er, dass bei der Premiere in Beirut Hausangestellte neben gutsituierten Arbeitgebern saßen. Für manche Libanesen ist er ein Nestbeschmutzer; für ihn ist es wichtig, auch die


Schattenseiten der Gesellschaft zu zeigen. Auf die Frage, warum er trotz der desolaten Lage im Libanon bleibe, habe er keine klare Antwort, sagt Charour. Und betont dann: „Aber ich gehöre zu


diesem Land. Ich gehöre zu meiner Familie, meinen Freunden und meinen Erinnerungen an Beirut. Auch meine Arbeit basiert darauf. Sie basiert auf den Menschen, denen ich begegne, den


verborgenen Geschichten in den Gassen und Häusern Beiruts.“